Ghosting – und was es mit mir macht

Ich wurde also geghostet. Seit dem 13.02. habe ich nichts mehr vom “Freund” gehört. Ich habe keine Ahnung, warum das passiert ist. 

Es ist nicht das erste Mal, das mir das passiert und es ist jedes Mal schlimm. Man bleibt ohne Erklärung zurück, kann nicht nachvollziehen, was los ist. Fragen bleiben offen. Man fühlt sich verlassen, abgeschoben, wertlos.  

Ich war es also nicht wert, dass er mir sagt, was los ist, dass er die Beziehung beenden will. Ganz offensichtlich hatte ich meinen Zweck für ihn erfüllt, und nun, nach seinem Umzug zurück nach Hause, zu Familie und Freunde, werde ich nicht mehr gebraucht. Das tut sehr, sehr weh. 

Dass ich monatelang für ihn da war (so gut das auf Entfernung halt geht), dass ich ihm teilweise täglich stundenlang zugehört habe, ihm zum Einschlafen Geschichten vorgelesen habe, seine Launen mitbekommen habe, seine Geheimnisse, seine Probleme, seinen Kummer – all das ist nichts mehr wert. 

Ich wollte immer gut sein, gut für ihn sein. Vielleicht war ich das – für eine gewisse Zeit. Aber es hat nicht gereicht. 

Wie gesagt, dass ist nicht das erste Mal, dass ich geghostet werde, aber dieses Mal ist alles noch viel schlimmer, als die beiden Male zuvor. 

Ich denke nicht pausenlos daran und ich versuche auch gar nicht, so viel darüber nachzudenken. Und ich habe sogar mal einen guten Tag. Aber es kann passieren, dass ich im Büro sitze und es reicht ein Wort, ein Geruch, ein Gedanke (der noch nicht mal irgendwie mit ihm zu tun hat) und mich packt das blanke Entsetzen. Ich bekomme Panik, Tränen schießen mir in die Augen, meine Brust schnürt sich ein, mir bleibt die Luft weg, mein Herz schlägt bis zum Hals. Im Bauch habe ich das Gefühl von Millionen von Schmetterlingen, und was eigentlich ein schönes Gefühl ist, ist in dieser Intensität schmerzhaft und bereitet mir Übelkeit. Zum Schreien habe ich keine Kraft und meistens versuche ich (erfolgreich), meine Tränen zurück zu halten. Ich kann im Büro nicht einfach weinen, das geht nicht. Ich muss mich zusammenreißen. Und auch wenn ich alleine bin, erlaube ich mir selten, zu weinen. Es nutzt ja nichts. In meiner Brust habe ich jetzt öfter das Gefühl, dass sie innen zu eng ist, mein Magen macht auch wieder öfter Probleme.  

Aber warum bin ich dieses Mal so sehr traumatisiert? Warum war ich die anderen Male zwar traurig und wütend, aber nicht so fassungslos wie jetzt? Was ist jetzt anders? 

Bei den anderen Männern war mir vom Prinzip her klar, dass es keine echte Beziehung ist, dass ich zwar verliebt war, aber von echter Liebe keine Rede sein konnte. Es gab keine Zukunft, auch wenn ich mir das gewünscht habe. 

Mit dem “Freund” war das anders. Er sagte das L-Wort, er nannte mich seine feste Freundin und hatte überhaupt kein Problem damit, wenn ich ihn meinen festen Freund nannte. Wo Andere ein großes Problem damit hatten, unsere “Beziehung” irgendwie zu  benennen, war das für ihn kein Thema.  

Zum ersten Mal seit langem gab es eine Zukunft mit einem Mann, eine reelle Chance auf einen gemeinsamen Weg. Zum ersten Mal seit über sechs Jahren war ich kein Single mehr. Das bedeutete mir tatsächlich mehr, als ich erwartet hätte.  

Ja, manche Dinge waren von Anfang schwierig, aber ich war davon überzeugt, dass wir die Schwierigkeiten zusammen meistern könnten. Wir würden es schaffen, weil wir uns liebten. 

Daran glaubte ich fest. Ich wollte an eine gemeinsame Zukunft glauben. Ich habe an eine gemeinsame Zukunft geglaubt. Es würde alles gut werden und Probleme waren dazu da, um beseitigt zu werden.  

Wir hatten schon mal scherzhaft über das Thema Heiraten gesprochen und er schien es ernst zu meinen. Nein, er hat mir keinen Antrag gemacht, aber das war kein Thema, vor dem er zurück schreckte. Unser Altersunterschied war auch kein Problem. Ich freute mich auf die Zukunft. 

Und nun dieser abrupte Kontaktabbruch. Ich hatte ihm noch einmal irgendwas über Instagram geschickt. Und tatsächlich hat er mich nicht geblockt, er hat die Nachricht gesehen – aber nie reagiert.   

Ich werde nie behaupten, dass ich immer alles richtig gemacht habe, dass alle Probleme und Unstimmigkeiten nur von ihm ausgingen. Auf keinen Fall, denn das stimmt nicht. Sicher habe ich auch mal Dinge gesagt oder getan, die ihm nicht gefielen. 

Meine Depression kickt jetzt wieder voll rein, natürlich. Ich schwanke ständig zwischen Trauer, Fassunglosigkeit, Panikattacken und der Unfähigkeit, überhaupt etwas zu fühlen mit einer innerlichen Erstarrung. In fliegendem Wechsel. Ich fühle zu viel oder nichts.   

Ich habe diesen Mann geliebt, ich habe ihm vertraut. Ich empfinde noch immer Einiges für ihn, aber das ist natürlich völlig sinnlos. 

Ich war dumm genug, mich auf eine Beziehung einzulassen. Oder verzweifelt genug? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich wirklich traumatisiert bin. Traumatisiert. Verzweifelt. 

Keine Ahnung, ob ich mich jemals wieder so intensiv auf einen Mann werde einlassen können. Flirten, Sex – ja. Aber jemals wieder so sehr vertrauen und an eine Zukunft glauben??? Bei meinem gleichzeitigen Wunsch, endlich nicht mehr alleine zu sein? 

Geht das überhaupt? 

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